Lotus Crash recordings

Lotus Crash [2024]
ezz-thetics 108 by First Visit Series, Hat Hut Records
Released November, 2024

Lotus Crash 2 Cover

Some reviews

LOTUS CRASH
ezz-thetics 108 by First Visit Series, Hat Hut Records

Es ist die dritte CD des Trompeters Marco von Orelli bei ezz-thetics. Seinem pianolosen, rein schweizerischen Quartett gehören der Tenorsaxophonist und Bassklarinettist Tommy Meier, der Bassist Luca Siser und der Schlagzeuger Sheldon Suter an. Insbesondere was das filigrane und hellseherische Miteinander des Bassisten mit dem Schlagzeuger angeht, fühlt man sich beim Hören ein wenig an Ornette Colemans Quartett mit Don Cherry erinnert. Trotz dieser sich aufdrängenden Assoziation kann man aber auch viel Eigenes in der Musik dieser Band vernehmen, zumal die Fröhlichkeit der Musik von Coleman hier nicht so wirklich durchdringt.

Die Kompositionen haben sich von Orelli und Meier geteilt, dazu gibt es das Stück »Fate« von Andrew Cyrille zu hören. Mit ansprechenden, kantigen Postbop-Themen, expressiv und ausdrucksstark gespielt, mit fast sprachlichem Duktus gestisch erzählend und mit einer Prise Humor gewürzt kommt die Musik daher. Besonders bemerkenswert ist das sich auf höchstem Niveau darstellende Zusammenspiel der Quartettmitglieder, die ganz unterschiedliche musikalische Biografien vorweisen können und auch dementsprechend selbstbewusst spielen. Auf jeden Fall eine hörenswerte Aufnahme, die viel Spaß macht.

Benno Bartsch

Una musica viva, pulsante, frutto di un’invidiabile, equilibratissima sinergia fra le varie forze in campo, è quanto ci offre questo bell’album, inciso alla RSI nel febbraio 2023, nove brani in totale, frutto in egual misura delle penne dei due fiati del quartetto, più “Fate“ di Andrew Cyrille a sparigliare le carte (ma non come assunto complessivo).

La grammatica prescelta sposa la causa di uno sperimentalismo mai sovrabbondante, sempre lucido, conseguente, attento alle esigenze imposte dalla necessità di dare una forma, un’architettura, perfettamente conchiuse al totale.

Momenti più irriverenti (peraltro senza eccessi) si avvicendano così a situazioni quasi cameristiche (tutto sommato abbastanza rare, in verità), in un itinerario compositivo/improvvisativo di assoluto rigore e felicità ispirativa, dove— appunto — gesto autoriale e aleatorietà convivono in assoluta armonia, senza frizioni o cesure di sorta. Brani come “Desert Bird,” “Ogoni,” “Before and the Ghost Dance,“ il citato “Fate” e “The Forest People,” se proprio vogliamo fare qualche titolo, appaiono in tal senso i più emblematici di un album comunque di grande omogeneità anche come livello qualitativo.

Album della settimana.

Eine Prise Einfachheit

«Wir suchen eine rohe und archaische Musik», sagt Trompeter Marco von Orelli. «Nichts Gekünsteltes, sondern ehrlich und mit einer Prise Einfachheit versehen». Der Klang seines Instruments ist tatsächlich offen, klar und warm. Meistens. Manchmal kippt er vom Klang ins Geräusch, im Keller mit tiefen Undergrowls, oder, am andern Ende der Skala, mit stratosphärischem Gezwitscher. Namentlich die tiefen Lagen von Orellis erinnern mich an ein Zitat von Don Ellis, dem Avantgardisten unter den Trompetern vergangener Jahre. Zur Verblüffung seiner Fans nannte der in den Sechzigern einmal Henry ‘Red’ Allen, den New Orleans-Altmeister (Jahrgang 1908!) «the most far out trumpet player in town». Nun meint von Orelli mit roher Archaik gewiss etwas anderes als New Orleans Jazz, und seine Emphase ist gewiss eine andere als die des alten Jazz. Sein Klang wirkt, von den genannten Extremlagen abgesehen, direkt wie «no jokes», aber die Geschichten die er damit erzählt sprühen vor Witz und sind mitreissend in ihrer meist gebrochenen Rhythmik.

Mehr als eine Prise Einfachheit macht den Klang dieses Quartetts überhaupt aus. Die Band mit von Orellis kongenialem Partner Tommy Meier an Tenorsax und Bassklarinette, Luca Sisera am Kontrabass und Sheldon Suter am Schlagzeug ist ein auf Dauer hin angelegtes Projekt. Sie publizierte 2019 ihren Erstling und nennt sich, zutreffend, aber nicht ohne Paradoxie, «Lotus Crash». Kein Piano, kein Gitarre, eine Besetzung wie die des legendären Quartetts von Ornette Coleman mit Don Cherry Ende der Fünfziger («The Shape of Jazz to Come»). Ähnlich im Konzept, wenn auch keineswegs epigonal imitiert sind die liedhaften, auf eigene Weise «harmolodischen» Kompositionen von Meier und von Orelli, alle darauf angelegt, im weiteren Verlauf improvisatorisch erweitert zu werden. Das Interplay zwischen den beiden Bläsern ist mal tänzerisch ausgelassen, mal eher verhalten; mal ist es in labyrinthischen Linien verschlungen, mal ganz solistisch aus- und gegeneinandergesetzt, mal in magischem Einklang unisono zusammengeführt – alles auf der Basis und unter Beteiligung des sonor singenden Basses von Sisera und der inspirierenden Perkussion von Suter. Eine ungemein offene, ebenso überraschende wie einleuchtende Musik. Für den Hörer immer wieder neu zu entdecken.

Lotus Crash (Marco von Orelli, Tommy Meier, Luca Sisera, Sheldon Suter): First Visit. ezz-thetics 108

Lotus Crash
First Visit
ezz-thetics 108, 2024

This album was studio-recorded in February 2023 by a Swiss quartet comprising Marco von Orelli on trumpet, Tommy Meier on tenor saxophone and bass clarinet, Luca Sisera on double bass and Sheldon Suter on drums, all of whom have relatively small and recent discographies, predominantly on the Swiss label ezz-thetics. Entitled Lotus Crash, the quartet’s only previous album was released in 2019 on ezz-thetics and featured four compositions by von Orelli and three by Meier as well as Adam Lane’s “Spin with the EARth” and Co Streiff’s “Five Dark Days.” Apart from the personnel, that album did not have much in common with this First Visit album, so admirers of the quartet can safely acquire both. Between its two albums, the quartet became named after its first album—a common phenomenon as illustrated by John Butcher’s trio The Contest of Pleasures.

The 2024 album features four compositions by Orelli and four by Meier plus a version of “Fate” by Andrew Cyrille. Throughout the album, as well as tight ensemble playing, Orelli and Meier both demonstrate that they are first-rate soloists, with Sisera and Suter providing excellent support as well as occasional solos of their own. Unsurprisingly, the quartet’s instrumentation and absence of a piano have attracted comparisons with Ornette Coleman’s quartet with Don Cherry. While that is not 100% true, one feels that tracks from this album might one day trip someone up in a blindfold test. Until then, this album seems destined to provide countless hours of pleasure to a broad range of jazz lovers young and old.